Landesrabbiner der Jüdischen Gemeinschaft Schleswig-Holstein
Landesrabbiner Dov-Levy Barsilay
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Dov-Levy Barsilay wurde in Tel-Aviv / Israel geboren. 1972 kam er nach Studium und Wehrdienst mit Ehefrau und Sohn in die Bundesrepublik Deutschland. Nach Tätigkeit in den Jüdischen Gemeinden Mainz und Dortmund war er von 1987 - 1993 Landesrabbiner von Westfalen/Lippe, 1993 - 2008 Landesrabbiner von Hamburg und (bis 2005) Schleswig-Holstein und wirkt seit 2008 als Landesrabbiner der Jüdischen Gemeinschaft Schleswig-Holstein.
Er ist Mitglied der Orthodoxen Rabbinerkonferenz Deutschlands und der Europäischen Rabbinerkonferenz und Beauftragter für die Kosher-Zertifizierung von Lebensmittel-Produktionen.
Jüngste Veröffentlichung:
Schabbat Sh’kalim
Zur Zeit der Wüstenwanderung und später in den Zeiten des Tempels musste jeder Jude einmal im Jahr die Münze eines halben Schekels darbringen. Während der Tempel existierte und öffentliche Opfer zur Sühne für das Volk gebracht wurden, legte die Thora fest, dass die Opfer aus den Mitteln des gesamten Volkes stammen sollten, ohne Unterschied zwischen Arm und Reich, so dass jeder von dem Ewigen die gleiche Sühne erhalten würde. Mit dem halben Schekel wurden die verschiedenen öffentlichen Opfer bezahlt, die in diesem Jahr auf dem Altar geopfert wurden.
Gleichzeitig diente dieses Gebot nebenbei zur Volkszählung. Das Gebot stammt aus der Tora: „Es soll jeder, der gezählt ist, einen halben Schekel geben nach dem Münzgewicht des Heiligtums… Dieser halbe Schekel soll als Abgabe für den Ewigen erhoben werden. Jeder von zwanzig Jahren an und darüber, soll diese Abgabe dem Ewigen geben. Der Reiche soll nicht mehr und der Arme nicht weniger entrichten als den halben Schekel als Abgabe für den Ewigen, um Sühne zu erwirken“ (2. BM 30:13 –16).
Am 1. März 2025 werden wir im Schabbat-G-ttesdienst neben dem Wochenabschnitt auch den Text des halben Shekel lesen. Dieser Schabbat ist „Schabbat Shekalim“ und zählt zu den „vier ausgezeichneten Schabbate“, die wir vor Purim und Pessach lesen (2 vor Purim und 2 vor Pessach).
Was ist die moralische Grundlage dieses Gebotes? Und was ist im Allgemeinen die Grundlage der jüdischen Moral? Diese Moral besteht, nach den Worten vieler unserer Weisen darin, die einfache Hingabe an den Schöpfer zu erreichen. Das erreichen wir dadurch, dass wir die Kluft zwischen den Geschöpfen und dem Schöpfer zu überbrücken versuchen. Deshalb muss der Mensch eine moralische Entwicklung durchlaufen. Zunächst befindet sich der Mensch im Zustand des Empfangens, um zu empfangen. Dies ist der Zustand des Neugeborenen, dessen einziges Anliegen darin besteht, Wärme, Liebe und Nahrung zu erhalten.
Die Liebe zum Geben bringt den idealistischen Lebensabschnitt hervor, der normalerweise in der Jugend zu finden ist. Dann entwickelt sich ein hoher idealistischer Ehrgeiz, zu geben, um zu geben. Dies ist die Phase im Leben, in der ein Mensch sogar bereit ist, sich selbst aufzugeben. Aber es ist auch eine gefährliche Phase, die kurz sein muss. Denn wer nur geben und nicht nehmen will, hält sich möglicherweise leicht für übermenschlich.
Die höchste moralische Stufe ist die, in der ein Mensch die Tatsache, dass er empfängt, mit Liebe annimmt. Er akzeptiert die Tatsache, dass der Herr der Welt ihn geschaffen hat, um zu Leben. Und er nutzt diese Akzeptanz, um zu geben. Es ist die Stufe, auf der ein Mensch empfängt, um zu geben, und sich nicht nur als jemand betrachtet, der nur gibt und nicht empfängt.
Das Verständnis, dass Moral auf dem Fundament aufbaut, dass das, was der Mensch empfängt – er empfängt, um es zu geben, zu spenden, zu helfen, ist die Stufe, die zeigt, dass moralischen Ideale tatsächlich auch im Leben umgesetzt und verwirklicht werden können und sollten.
So werden Dinge umgesetzt. Wenn ein Mensch Leben erhalten hat, schenkt er anderen Leben – er bringt Kinder zur Welt. Er lernt die Tora – und er lehrt sie. Er verdient Geld – und hat die Gelegenheit für wohltätige Zwecke zu spenden. So wird die Welt mit Freude, Leben und Glück erfüllt.